Zur Landschaftsfotografie
Landschaftsfotograf Rainer Mirau
Professionelle Landschaftsfotografie hat wenig mit der romantischen Vorstellung zu tun, durch die Welt zu reisen und an den schönsten Plätzen die Kamera auszupacken und drauf los zu fotografieren. Auch viel in der Natur und auf Reisen zu sein ist noch lange kein Garant für beeindruckende Bilder. „Zur richtigen Zeit am richtigen Ort“ zu sein ist oft mit großem Aufwand verbunden und ohne vorherige Planung nicht realisierbar.
Die „richtige Zeit“? Wann ist die nur? Man muss sich nur vor Augen halten, dass zu jeder Zeit, in jeder Sekunde irgendwo auf der Welt, ja sogar an vielen Orten gleichzeitig, sich die Natur in Ihrer vollen Pracht zeigt. Und ich möchte möglichst vieler dieser Momente teilen, möchte möglichst viele mit der Kamera festhalten.
Im Gegensatz zu einem Landschaftsmaler hat ein Landschaftsfotograf nicht die Möglichkeit die Landschaft als Inspirationsquelle zu nutzen und frei ein Bild zu komponieren. Er muss sein Motiv erst suchen. Diese Suche nimmt auch den größten Teil der Energie und Zeit in Anspruch. Das ist weiter nicht schlimm, denn durch Wälder zu streifen, an einem Bach entlang in ein Tal zu wandern oder auf einem Bergrücken zu stehen, sind Erlebnisse, die mir innere Ruhe und Ausgeglichenheit geben.
Einer Reise in ein Gebiet, egal ob es sich um einen Kontinent, ein Land, ein Bergmassiv oder nur einen kleinen See handelt, geht eine gute Planung voraus. Einerseits sind es Bilder, welche ich in Bildbänden, im Internet oder in der Werbung sehe und welche mich ansprechen. Andererseits studiere ich für mein Leben gerne Karten und stelle mir die Landschaft dazu vor. Dort muss ich dann hin, muss es mit eigenen Augen sehen, möchte es zu meiner eigenen Erinnerung machen. Ich möchte diesen magischen Ort auf meine Art und Weise erleben und festhalten.
Wo liegen diese Berge? Wo gibt es Flüsse, Seen, Schluchten? Wo geht die Sonne auf? Wo unter? Wo sollte ich in der Früh, wo am Abend sein? Wie viel Höhenmeter sind in welcher Zeit zu bewältigen? Wann ist Ebbe und Flut, oder Vollmond?… Sind all diese Fragen beantwortet und habe ich einen groben Plan und meine Ziele definiert, kann es losgehen.
Es heißt dann schlaftrunken manchmal lange vor Sonnenaufgang aufzustehen und zu einem geplanten oder schon am Vortag besichtigten Motiv zu wanken. Und am Abend geht es bis zum letzten Licht, oder wenn der Mond scheint sogar bis in die Nacht. Dann steht man hungrig und allein mit nassen Füßen und 5°C in the middle of nowhere eine Stunde neben der Kamera, hält einen Schirm als Windschutz in der Hand und denkt sich: „Warum tue ich mir das eigentlich an?“. Spätestens zuhause am Monitor wird man dann aber belohnt, mit Aufnahmen, die das Herz höher schlagen lassen.
Ich genieße die Freiheiten, die mir durch die Landschaftsfotografie ermöglicht werden. Eine Disziplin, in der es erfreulicherweise nicht um schneller-höher-weiter geht, sondern um die persönliche Umsetzung von Eindrücken und einen permanenten, fotografischen Entwicklungsprozess. Keine andere Tätigkeit vereint für mich Kreativität, Naturerlebnis, Technik, Reisen und Bewegung auf so ideale Weise. Das ist der Grund, warum ich liebe was ich tue und hoffe, dass ich noch viele Jahre die Möglichkeit dazu haben werde.